Die Corona-Pandemie hat die Tourismus-Branche schwer getroffen; auch in Oberbayern hat die Krise für tiefe Einschnitte gesorgt. Doch zugleich haben die Menschen vor Ort trotz – oder gerade wegen – der Krise Mut bewiesen, kreative Konzepte und Pioniergeist entwickelt sowie viel persönlichen Einsatz gezeigt. Die Erfolgsgeschichten aus Oberbayern handeln etwa von einem innovativen Start-Up, das Hotel-Abos für neue Zielgruppen buchbar macht, einem jungen Bierbrauer, der sich trotz Event-Absagen und geschlossener Gastronomie nicht entmutigen lässt,, einem Traditionsbetrieb, der mit der Zeit geht, und vielen weiteren „Tourismushelden“ in Oberbayern, die mit ihrem Engagement anderen Menschen Mut machen.
„All diese Protagonisten zeigen, dass der Tourismus zukunftsfähig ist,“ so Oswald Pehel vom Tourismus Oberbayern München (TOM) e.V. „Corona ist für viele auch eine Kreativitäts- und Innovations-Schmiede, aber auch Beschleuniger für viele Entwicklungen. Krisen werden auch dadurch gemeistert, neue Wege zu gehen und sich nicht nur auf Hilfen und Zuschüsse zu verlassen.“
Mit Pink gegen die Pandemie
Mutig stellt sich Elisabeth Schwojer in Miesbach den Herausforderungen der Pandemiezeit. Ihr Café Elisabeth’s Platzerl ist seit 2012 ein beliebter Treffpunkt in der oberbayerischen Kreisstadt: Frühstück, Mittagsimbiss, Kaffee und Kuchen – die Miesbacher:innen fühlten sich im knallig-pinken Ambiente des Cafés rundherum wohl. Dann kam Corona, die Gäste durften nicht mehr rein und Powerfrau und Tourismusheldin Elisabeth Schwojer stellte kurzerhand den pinkfarbenen Kühlschrank raus, gefüllt mit Getränken und leckeren selbstgekochten Gerichten im hygienischen Weckglas. Suppe, Salate und köstliches Eis finden seither reißenden Absatz. Inzwischen ist auch der Café-Betrieb wieder angelaufen und das als reiner Familienbetrieb: Täglich von 7-14 Uhr ist das „Fensterl“ geöffnet, aus dem Elisabeth und ihre Töchter Magdalena und Anna Kaffeespezialitäten und andere Leckereien zum Outdoor-Genuss auf bunten Bänken anbieten. „Die Pandemie hat uns Gelegenheit gegeben, Dinge zu überdenken und Neues auszuprobieren“, sagt Elisabeth Schwojer.
Hotelzimmer statt Zweitwohnung
Manche Touristiker hat Corona zum Aufgeben gezwungen; Kilian Ricken und seine beiden Mitstreiter im Münchner Start-up MyFlexHome sind erst durch die Krise auf ihre neue Geschäftsidee gekommen und haben sich im August 2021 als Quereinsteiger im Tourismussektor selbständig gemacht. Passend zur neuen hybriden Arbeitswelt mit mehr Homeoffice und weniger Präsenz im Büro haben die drei Gründer eine Vermittlungsplattform für maßgeschneiderte Hotel-Abos entwickelt, die Mitte Februar mit den ersten zehn Hotels in München an den Start geht. Die Idee, mit der MyFlexHome auch den Gründerwettbewerb „Start?Zuschuss!“ des Bayerischen Wirtschaftsministerium gewann: Arbeitnehmer:innen können hier für die notwendigen Bürotage Übernachtungen im Hotel zum konstanten Preis buchen statt eine monatliche Miete und Steuern für eine Zweitwohnung zu zahlen. „Wir haben das 2020 im Freundeskreis selbst erlebt, dass immer mehr Menschen lieber im Grünen leben und nur noch einzelne Tage ins Büro in die Stadt wollen. Wir machen das günstig und mit besonderem Service möglich,“ erklärt Co-Founder Kilian Ricken. „Auch die Hotels profitieren, denn sie können den Rückgang an Geschäftsreisen so zumindest teilweise kompensieren“.
Tegernsee neu erleben
Events in Corona-Zeiten? Schwierig. Doch Hotelier Korbinian Kohler vom SPA & RESORT Bachmair Weissach am Tegernsee reagiert auf die massiven Einbrüche im Eventbusiness nicht mit Rückzug, sondern mit einem mutigen „Jetzt erst recht!“ und einer innovativen Konzeptidee: Im Sommer 2022 will er mit „Tegernsee phantastisch“ ein wie er sagt „außergewöhnliches Edutainment-Highlight der Weltklasse“ eröffnen, das großen und kleinen Besucher:innen den Lebensraum Tegernsee mit seiner Kultur und seinen Traditionen in all ihrer Vielfalt spielerisch näherbringen möchte. Auf 2.700 m2 soll es eine Erlebniswelt geben, die mit liebevoll designten Lernstationen und Aktivangeboten den Tegernsee als einzigartige Destination erlebbar macht.
Hotelchef als Intendant des Wandels
In den 115 Jahren seines Bestehens hat der Tannerhof schon mehrfach Krisen überstanden und sich dabei nicht selten ein bisschen neu erfunden. Auch die Corona-Pandemie wurde von dem engagierten Team rund um Burgi von Mengershausen und Roger Brandes als Chance für Erneuerung gesehen. Seit 2004 leiten die Beiden das Naturhotel in Bayrischzell und sind ebenfalls Tourismushelden. Brandes versteht sich dabei auch als Intendant für den Wandel. „Auch wenn 9 Monate Lockdown eine emotionale, anstrengende Achterbahn waren – wir wollten diesen Zeitraum für kreative und bauliche Verbesserungen nutzen und konnten so endlich unser Azubiprojekt durchführen“. Dazu zählten nicht nur die „ungestörte“ Einarbeitung an der Rezeption, sondern auch die Einrichtung eines neuen Fish-Dog Standls vor der Schlierseer Fischerei und viele weitere Aufgaben. Überhaupt hat sich der Tannerhof mit seinem Konzept als cooles Bergdorf, das Fasten, Gesundheit, Spa, Essen und Genuss vereint, so gut aufgestellt, dass es an Buchungsnachfragen zumindest nicht mangelt. Fachkräfte sind auch hier herzlich willkommen und finden einen attraktiven Arbeitsplatz mit besten Perspektiven.
Bierbrauer mit Visionen
Auch für Max Vetter aus Oberbergkirchen war der Beginn der Pandemie erstmal ein Schock: Mit Freunden wollte er seinen Traum verwirklichen und eine eigene Brauerei bauen, die Pläne waren bereits ausgearbeitet. Dann sprangen die Mitstreiter ab, doch der 31-jährige Bierbrauer ließ sich nicht von seinem Weg abhalten. Unter dem Dach der Genossenschaftsbrauerei Gut Forsting brachte Max Vetter sein eigenes Bier Innbräu auf den Markt und wirbelt nun sieben Tage die Woche zwischen Produktion, Marketing und Vertrieb – nicht selten 16 Stunden am Tag. Trotz der aktuell schwierigen Situation im Gastgewerbe gelingt es dem Jungunternehmer mit viel persönlichem Einsatz und kreativen Ideen, Gastwirte von seinem Produkt zu überzeugen und in den Ausschank zu nehmen. Und auch regionale Getränkehändler kommen zunehmend auf den Geschmack der mittlerweile vier Innbräu-Biere. Max Vetters Ziel ist klar: „Ich muss nicht nach Hamburg oder Berlin liefern, ich will, dass mein Bier hier in der Region getrunken wird.“